Die gegenwärtige Situation von vor allem kleinen bis mittleren Kulturveranstaltenden stellt nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine soziale und wirtschaftliche Herausforderung dar. Es erfordert dringend politische Maßnahmen, um diese zentralen Orte der kulturellen Vielfalt und Begegnung zu schützen und zu stärken. Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl und Legislaturperiode haben wir fünf Kernforderungen an die Politik formuliert.
1. Anerkennung des kulturellen Bezugs von Clubs und Livemusikspielstätten innerhalb der BauNVO
Die LiveKomm fordert eine zügige Anpassung der Baunutzungsverordnung, in der Musikclubs mit nachweisbar kulturellem Bezug als Anlagen kultureller Zwecke eingestuft werden. Wenn diese Forderung nicht umsetzbar ist, sollte der Weg einer gesonderten Gebäudekategorie Musikclub mindestens einen besseren Bestandsschutz und eine Erweiterung der Spielräume für die künftige Ansiedlung von Musikclubs beinhalten. Dem Bundesratsbeschluss (Drucksache 436/24) entsprechend sollte eine ausnahmsweise Zulässigkeit in allgemeinen Wohngebieten und eine grundsätzliche Zulässigkeit in Gewerbegebieten vorgesehen werden. Zudem sollte das Gesetzesvorhaben eine Definition von Musikclubs mit kulturellem Bezug beinhalten.
2. Umsteuern beim Bundesimmissionsschutzgesetz & Schallschutzprogramm verstetigen
Es gilt, künftig eine regulatorische Unterscheidung zwischen Industrie- und Gewerbelärm (TA Lärm) und Kulturschall einzuführen, um den Anforderungen kultureller Einrichtungen gerecht zu werden. Dabei gilt es u.a. sicherzustellen, dass die Einstufung von Verhaltenslärm des Publikums im öffentlichen Raum eine angemessene Berücksichtigung kultureller Aktivitäten ermöglicht. Eine Arbeitsgruppe aus UMK, BMK, WMK und KMK sollte eingerichtet werden, um neue Schallregularien zu formulieren und eine kulturelle Stadtentwicklung gezielt voranzutreiben. Es gilt, das Bundesschallschutzprogramm im BMWSB zu verstetigen und mit einer auskömmlichen Finanzierung von mindestens 20 Millionen Euro pro Jahr auszustatten, um Nutzungskonflikte zwischen kulturellen Orten und Nachbarschaften nachhaltig zu lösen.
3. Verstetigung und Ausbau der Musikclub- und Festivalförderungen auf Bundesebene
Es bedarf der Verstetigung und des Ausbaus der bestehenden Musikclub- und Festivalförderung bei der Initiative Musik (zwecks Deckung nachgewiesener Bedarfe) sowie der Schaffung eines nachhaltigen Investitionsprogramms „Investitionsfonds: Zukunft der Musikspielstätten” auf Bundesebene zur Bewältigungen der ökologischen Transformation.
4. Politische Unterstützung bei der Einrichtung des Live Music Fund
Die Club- und Live-Musikszene in Deutschland steht durch steigende Kosten und fehlende Einnahmen unter immensem Druck. Der britische Kulturminister hat die Live-Musikbranche dort dazu aufgerufen, eine freiwillige Ticketabgabe einzuführen, um die finanzielle Notlage von Musikspielstätten zu lindern und ein nachhaltiges, durch die Branche entwickeltes Fördertool zu schaffen. Dadurch soll ein „Kreislauf der Musikkultur“ – indem größere Veranstaltungen und etablierte Akteure dazu beitragen, kleinere Venues, Nachwuchskünstlerinnen und lokale Szenen zu fördern – geschaffen werden. Die Einrichtung eines ähnlichen Fördertools, z.B. des Live Music Fund Germany der Bundesstiftung LiveKultur, sollte politisch unterstützt werden, um gezielt kleine Veranstaltungsorte zu fördern, Nachwuchskünstlerinnen zu stärken und die kulturelle Vielfalt der Livemusik in Deutschland zu sichern.
5. „Arbeit auf Abruf“ branchenkonform gestalten
Kulturveranstaltungen sind ohne Aushilfskräfte nicht durchführbar. Ob an der Theke, als Aufbauhilfe oder als Ordner. Hierbei ist die Dauer des Arbeitseinsatzes im Wesentlichen vom Verlauf einer Veranstaltung abhängig und kann im Voraus nur schlecht geplant werden. Sobald die Veranstaltung länger dauert, dürfen Veranstalterinnen bzw. Musikspielstättenbetreiberinnen nicht das Risiko befürchten müssen, durch Überschreitung von Mindest- oder Maximal-Rahmen an Arbeitsstunden bei geringfügig Beschäftigten in fiktive Teilzeitbeschäftigung zu geraten.
6. Verpflichtende Integration von Awareness-Konzepten in Sicherheitskonzepte für genehmigungspflichtige Veranstaltungen
Die verpflichtende Integration von Awareness-Konzepten in Sicherheitskonzepte für genehmigungspflichtige Veranstaltungen ist ein zentraler Bestandteil von Gewaltschutz und -prävention. Awareness-Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Diskriminierungen, Belästigungen und Gewalt aktiv entgegengewirkt wird und eine sicherere Atmosphäre für alle Beteiligten geschaffen wird. Diese Maßnahmen müssen auf Basis einer standardisierten Definition von Awareness entwickelt werden, um eine einheitliche und nachvollziehbare Grundlage für Veranstaltende und Genehmigungsbehörden zu gewährleisten. Angesichts der aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamts*, die einen Anstieg von 56,3 Prozent bei vorurteilsgeleiteten Straftaten gegen Frauen im Vergleich zum Vorjahr aufzeigen, ist es unerlässlich, dass genehmigungspflichtige Veranstaltungen proaktiv als sicherere Orte gestaltet werden.
Die Kernforderungen stehen hier zum Download bereit.
Darüber hinaus haben wir verbandsübergreifend im Forum Musikwirtschaft zum Reeperbahn Festival 2024 ein gemeinsames Positionspapier mit 11 zentralen Forderungen für eine starke Musikwirtschaft veröffentlicht, das hier zum Download zur Verfügung steht.
Als Teil des Forums Veranstaltungswirtschaft setzen wir uns für 9 branchenspezifische Ziele ein, die hier einzusehen sind.