Endlich hat man sich geeinigt, zwei Wochen vor Neu-Vertragsbeginn steht nun erst mal fest, was Musiknutzer von vier neuen Tarifverträgen ab 01.01.2014 zu bezahlen haben. „Endlich“ Planungssicherheit u.a. für unsere Spielstätten, nach der Schiedsstellenempfehlung des Deutschen Patent- und Markenamtes DPMA aus April 2013. Aber ist das angemessen, ist das bezahlbar im Vergleich zu 2012 und 2013?
Existenzängste begleiten seit 1,5 Jahren Clubs und Veranstalter, seitdem die GEMA im April 2012 ihre neuen Tarife ausgerufen hatte. Nach monatelangen Protesten einigte man sich auf eine Übergangslösung für die Zeit ab 01.01.2013 bis 31.01.2013: auf Basis der alten Verträge plus 5%, für Diskotheken und Clubs weitere plus 10% ab April 2013. Nebenbei bemerkt: die GVL wird aufgrund ihres prozentualen Anteils von derzeit 26% auf den Tarifvertrag ebenso teurer.
Auf Grundlage der Schiedsstellenempfehlung sind vier neue Tarife entstanden. Bei allen ist die neue Berechnungsgröße „Eintrittsgeld“ dazugekommen.
1. Aus U-VK wird ab 2014:
U-V, Tarif für Musiknutzung in Einzelveranstaltungen mit Livemusik
2. Aus M-U I. wird ab 2014:
M-V, Tarif für Musiknutzung in Einzelveranstaltungen mit Tonträgerwiedergabe
3. Aus M-U III 1 c wird ab 2014:
M-CD II 2, Tarif für Musiknutzung in Diskotheken und Clubs
4. Aus M-U III 1 b wird ab 2014:
M-CD II 1, Tarif für Musiknutzung in Musikkneipen
Clubs und Diskotheken nach 3.
Es wird teurer. Auf 8 Jahre gestreckt, aber es wird teurer. Und das, obwohl selbst die Schiedsstelle Steigerungen von „über 100% als nicht angemessen“ bezeichnet. Bereits in 2013 ist es 15% teurer geworden. Durch die Linearisierung in der Tarifstruktur müssen kleinere Clubs bei 6 Euro Eintritt und bis zu 200 qm „ein wenig“ mehr zahlen (ersten Berechnungen zufolge in 2021 ca. 100% bezogen auf 2013). Große Clubs mit 500 qm oder mehr müssten beim selben Eintrittsgeld im Jahr 2012 etwa das Dreifache bezahlen, Berechnungen anderer Verbände kommen auf das bis zu 4,5 fache. So steigt laut einer Berechnung im Tarifrechner der GEMA der Beitrag für einen Club mit 500 qm und 10 Euro Eintritt von 11.800 Euro im Jahr 2021 auf 27.300 Euro. Bezogen auf 2013 läge die Steigerung bei einem Betrag von 9.736 Euro sogar bei 280%.
Musikkneipen nach 4.
Musikkneipen erheben selten Eintritt und zahlen daher oft den Mindestsatz. Dieser liegt aber um etwa 20 Prozent über dem aus 2013. Die Auslastung von Musikkneipen, die mehrmals die Woche oder sogar täglich geöffnet haben, ist in der Woche sehr niedrig, es muss aber der volle nunmehr erhöhte Beitrag bezahlt werden. Das verhindert kreative Nachwuchsförderung,da die Betriebe allein über ihre Gastronomie solche Steigerungen nicht abfedern können.
Zum Beispiel müsste eine Musikkneipe bei 7 Öffnungstagen und 50 qm statt 630 Euro in 2014 nunmehr 1.059 Euro bezahlen, was einer Steigerungsrate von knapp 70% entspricht. Bezogen auf 2013 läge die Steigerung bei einem Betrag von 535 Euro sogar bei ziemlich genau 100% in 2021. Für Musikkneipen werden die Erhöhungen jedoch auch über 8 Jahre gestreckt.
Einzelveranstaltungen nach 1. und 2.
Hier wird es ein Einführungsszenario über 5 Jahre geben. Durch die Linearisierung sind auch hier größere Veranstaltungen stärker betroffen als kleinere Events. Ersten Berechnungen zufolge wird es für manche kleinere kürzere Events leicht günstiger, für alle anderen Veranstaltungen teurer. Die Steigerungsraten betragen hier bis zu 80%. Für problematisch hält die LiveKomm auch den Zeitzuschlag von 25% ab 8 Stunden, sowie je weiteren 25% ab je 2 weiteren Stunden. Dadurch werden langdauernde größere Festivals mit hohen Preissteigerungen rechnen müssen.
Die LiveKomm hält zudem bekanntermaßen die nach wie vor geltenden Rahmenbedingungen wie die Wand-zu-Wand-Bemessung für falsch, eine durchschnittliche Auslastungsquote von einem Gast pro qm für deutlich zu hoch. Letzteres sieht die Schiedsstelle genauso: „ eine Auslastung von 66% kann für Diskotheken unterschritten werden“. Den jeweils höchsten Brutto-Eintrittspreis am Abend als Berechnungsgrundlage heranzuziehen, führt ebenso an der Realität in Spielstätten vorbei (Gästeliste, Preisreduzierung im Verlauf des Abends etc.) wie es ungerecht ist, auf die Umsatzsteuer noch GEMA-Gebühren zu zahlen.
An die Politik wird sich die LiveKomm auch in Zukunft, ggf. gemeinsam mit anderen Verbänden, wenden, um z.B. im Urheber(wahrnehmungs)recht z.B. diesen Parameter zu ändern: Es muss z.B. der alte Tarif so lange gelten, bis der neue Tarif höchstinstanzlich ausgefochten ist. Ansonsten passiert das, was seit Jahren passiert: die GEMA ist gesetzlich gestützt immer in der besseren Verhandlungsposition, da der Tarif ab dem Moment gesetzlich gilt, wo ihn die GEMA ausruft. Verhandlungspartner sind auf das Entgegenkommen der GEMA angewiesen, um Zwischenlösungen im Streitfall wie in 2013 zu verhandeln. Angesichts des Streitwerts muss sich mancher Verband juristische Schritte sehr genau überlegen, ob man sie sich leisten kann – die GEMA zahlt ihre Streitkosten einfach aus ihren Einnahmen. Auch hier gibt´s ein Ungleichgewicht bei Tarifverhandlungen. Und man auch die Rolle des DPMA als Aufsichtsbehörde müsste man überprüfen nach dem Super-Gau 2012.
Die Bundesvereinigung Deutscher Musikveranstalter hat monatelang zeitraubend mit der GEMA verhandelt, um für die betroffenen Musiknutzer bezahlbare Tarife zu erreichen, Respekt! Wären die Voraussetzungen sowohl gesetzlich als auch finanziell gleich oder ähnlich bei Kontrahenten, hätte das Ergebnis aber wohl anders und damit im Sinne der LiveKomm angemessener ausfallen können.
Und genau darum geht es: die gesellschaftliche Diskussion im Urheberrecht darüber, was angemessen ist. Das gebetsmühlenartige Wiederholen der GEMA-Forderung von „maximal 10% der Brutto-Einnahmen“ (GVL wird in der Argumentation gerne außer Acht gelassen) macht´s nicht besser für Spielstätten. Als LiveKomm wissen wir, was bei Veranstaltungen und in Clubs als Gewinnmargen übrig bleibt. Wir halten daher maximal 5% abzüglich ggf. Rabatten für gerechtfertigt. Das wäre in einem zusätzlichen Koppeltarif an den U-K (Konzerttarif) als wählbare Alternative zum Pauschalvertrag anzustreben.
Die Hauptforderung der LiveKomm gegenüber der GEMA ab Januar 2014 wird der Kulturrabatt von 40% sein. Clubs oder Spielstätten sehen sich eher als Kultur- denn als Wirtschaftsbetriebe, nicht rein kommerziell, und bieten spezielles, nachwuchsförderndes, aber damit auch risikobehaftetes Clubkulturprogramm. Viele Künstler wären heute nicht erfolgreich, hätten kulturelle Spielstätten ihnen nicht Auftrittsmöglichkeiten auch vor kleinem Publikum ermöglicht. Diese Nachwuchsarbeit sowie kulturelle Daseinsvorsorge muss durch einen hohen Kulturrabatt ermöglicht werden, deren Eckdaten die LiveKomm mit der GEMA aushandeln will.“