Pressemitteilung: Baurechtliche Anerkennung von Musikclubs als Kulturstätten rückt näher

Berlin, 13.02.2020. Erstmals befasste sich der Deutsche Bundestag im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen mit dem Thema Clubkultur. Die LiveKomm verzeichnet Bereitschaft Musikclubs als Anlagen kultureller Zwecke einzustufen. Das öffentliche Fachgespräch erzeugte ein bundesweites Medienecho.

Unter der Sitzungsleitung der Ausschussvorsitzenden Mechthild Heil (CDU/CSU) informierten sich 16 Abgeordnete der sechs Bundestagsfraktionen in zwei Fragerunden bei den fünf geladenen Sachverständigen Pamela Schobeß (Vorsitzende der Clubcommission Berlin, Betreiberin Gretchen Club), Steffen Kache (Vorstand LiveKomm, Betreiber Distillery, Leipzig), Jakob Turtur (Clubbetreiber des geschlossenen Jonny Knüppel und Vorstand Clubcommission, Berlin), Dr. Wolfgang Hopp (Rechtsanwälte Zenk, Hamburg) und Tine Fuchs (Referatsleiterin Stadtentwicklung, Planungsrecht, Bauleitplanung, nationale Verbraucherpolitik, Deutschen Industrie- und Handelskammertag, Berlin).

Steffen Kache kommentierte den Sitzungsverlauf: „Wir sind elektrisiert, dass unsere Anliegen eine breite Unterstützung im Bauausschuss verzeichnen. Wir erlebten einen konstruktiven Dialog, der offenbar in der Ausschussarbeit keine alltägliche Praxis ist. Nun gilt es, im Austausch mit der Politik sinnvolle Definitionen und Kriterien zu finden, die Live-Musikspielstätten von Diskotheken und künftig somit von Vergnügungsstätten abgrenzen.“

Axel Ballreich, 1. Vorsitzender LiveKomm: „Wir sind heute ein gutes Stück bei der Anerkennung als Kulturstätten voran gekommen. Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass wir mit unseren kuratierten Musikprogrammen im Baurecht mit Bordellen, Spielkasinos und Wettbüros in eine Schublade gesteckt werden. Auch die Finanzämter erkennen in Teilen Deutschlands unsere Arbeit als Kultureinrichtungen seit Jahren an und versteuern unsere Türeinnahmen bei Live-Musikveranstaltungen mit dem verminderten Mehrwertsteuersatz für Kultureinrichtungen.“ 

Gruppenbild mit Abgeordneten und Sachverständigen des Fachgesprächs zur Clubkultur: V.l.n.r.: Fritz Kühn (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Klaus Mindrup (SPD), Kai Wegner (CDU), Erhard Grundl (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Pamela Schobeß (Gretchen / Clubcommission Berlin), Steffen Kache (Distillery / LiveKomm), Caren Lay (DIE LINKE), Cansel Kiziltepe (SPD) und Jakob Turtur (Jonny Knüppel / Clubcommission Berlin)

Die im Fachgespräch behandelten Fraktionsanträge von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und FDP bieten an mehreren Stellen inhaltliche Übereinstimmungen: Zum einen werden gesetzgeberische Regelungen in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) gefordert, um Live-Musikspielstätten als „Anlagen für kulturelle Zwecke“ zu definieren. Zum anderen eint die drei Oppositionsparteien der Vorschlag für die Einführung des „Agent-of-Change“-Prinzips, das bei heranrückenden Bebauungen an schützenswerte Kultureinrichtungen vorsieht, dass die Verantwortung für notwendige Schutzmaßnahmen beim Vorhabenträger liegt.

Im Fachgespräch wurde mit der Schaffung eines neuen Baugebietstyps, des Kulturgebiets, ein weiteres Handlungsfeld für einen Kulturraumschutz behandelt. Diese Maßnahme könnte die Schutzfähigkeit von bestehenden Live-Musikspielstätten verbessern.

Kommentare und Signale aus der Großen Koalition geben Anlass zur Hoffnung, dass in diesem Politikfeld Handlungsbedarf gesehen wird. Die LiveKomm geht nun davon aus, dass die Bundesregierung diese Anliegen aufgreift und in den anstehenden Novellierungen des Baugesetzbuchs (BauBG), der Baunutzungverordnung (BauNVO) und dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) im Sinne der bundesweiten Clubkultur umsetzt.

Das Fachgespräch verzeichnete reges öffentliche Interesse: Die Besucherkapazitäten des Sitzungssaals im Paul-Löbe Haus waren bereits Anfang Februar ausgebucht. Bereits im Vorfeld der Sitzung berichteten Medien vielfach über das Thema. Seit der gestrigen Ausschussitzung ist auch ein internationales Pressecho zu verzeichnen.

Beim heutigen Jahresauftakt der Clubcommission Berlin im Festsaal Kreuzberg wird dieses Thema   weiter aufgegriffen: Unter dem Titel Clubs als Anlagen kultureller Zwecke: Wie ändern wir die BauNVO?”diskutieren Katrin Lompscher, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen (Die Linke), Dr. Klaus Lederer, Senator für Kultur und Europa (Die Linke), MdB, Erhard Grundl (Bündnis 90/Die Grünen) und MdB, Kai Wegner (CDU) auf dem Podium.

Direkt vor dieser Veranstaltung findet auch die Gründung des „Parlamentarisches Forums für Nachtleben & Clubkultur“ statt, bei dem der überparteiliche Austausch von Abgeordneten des Bundestages zum Thema Clubkultur künftig gefördert werden soll.

Sämtliche Stellungnahmen und eine Aufzeichnung der Live-Übertragung sind auf den Webseiten des Deutschen Bundestages verfügbar.

AKTUELLES PRESSECHO
(Stand: 17.02.2020, 9:30h)

Berliner Zeitung – Kulturraumschutz: Ein Club ist kein Bordell

BEATBURGER.com –  Los clubes de Berlín luchan por ser clasificados como instituciones culturales

Deutschlandfunk Nova – Clubsterben – ein kleines Thema für die Bundespolitik
Deutschlandradio Kultur – Anhörung zum Clubsterben: „Unfair, dass man uns in die Schmuddelecke drängt“
Deutschlandradio Kultur – Bundestag befasst sich mit Clubkultur

Fritz Radio: Interview mit Axel Ballreich

Groove – Das Clubsterben im Bundestag: Bericht von der Diskussion
Inforadio – Unterschied zwischen Oper und Club ist die Musikrichtung

MDR Sputnik – Luxus-Loft statt Dancefloor: Das Sterben der deutschen Clubs

Neue Musikzeitung – Aus dem Deutschen Bundestag: Clubs als kulturelle Einrichtungen
Nürnberger Nachrichten:  Nürnberger Clubbetreiber: Mehr Anerkennung nötig
Radio Eins – Bundestag befasst sich mit Clubsterben
RBB24 – Betreiber sprechen im Bauausschuss vor: Kampf gegen das Clubsterben auf großer politischer Bühne
Sachsen Fernsehen – Auf „Clubkultour“ durch Dresdens Szene
Stuttgarter Nachrichten – Clubs wollen raus aus Schmuddel-Ecke
Tageskarte – Bundestag diskutiert Club-Sterben
Tagesspiegel – Warum Clubs Kulturstätten werden sollen

Tagesspiegel – Clubsterben in Berlin „Wir sind Teil dieser rebellischen und unbequemen Stadt“

The Guardian – Berlin’s nightclubs fight for same cultural status as opera houses 
Süddeutsche Zeitung – Clubszene: Es ist überfällig
Vice – Das passiert, wenn im Bundestag über das Clubsterben gesprochen wird
WDR – Bundespolitiker wollen Musikclubs helfen

 WEITERFÜHRENDE LINKS

LiveKomm AG Kulturraumschutz:
https://www.livemusikkommission.de/arbeitskreise/kulturraumschutz/

 LiveKomm Positionspapier: Musikspielstätten sind keine Spielhallen, Sex-Kinos und/oder Wettbüros / Einstufung in der BauNVO als Anlagen kultureller Zwecke anstatt als Vergnügungsstätten
https://www.livemusikkommission.de/wordpress/wp-content/uploads/2019/09/Musikspielst%C3%A4ttenSindKeineSpielhallen_V%C3%96.pdf