Die LiveKomm regt eine politische Diskussion über die Angemessenheit der GEMA-Tarife an. Sowohl Rahmenbedingungen bestehender Tarifverträge gehören auf den Prüfstand, insbesondere aber auch die GEMA-Forderung nach 10% der Brutto-Türeinnahmen einer Veranstaltung.
Zu den Rahmenbedingungen: Die LiveKomm hält die Wand-zu-Wand-Bemessung für falsch, eine durchschnittliche Auslastungsquote von einem Gast pro qm für deutlich zu hoch. Letzteres sieht die Schiedsstelle im DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt, April 2013) genauso: „eine Auslastung von 66% kann für Diskotheken unterschritten werden“. Den jeweils höchsten Brutto-Eintrittspreis am Abend als Berechnungsgrundlage heranzuziehen, führt ebenso an der Realität in Spielstätten vorbei (Gästeliste, Preisreduzierung im Verlauf des Abends etc.) wie es ungerecht ist, auf Umsatzsteuer noch GEMA-Gebühren zu zahlen.
Der gesellschaftliche Diskurs im Urheberrecht muss endlich darüber geführt werden, was wirklich und realistisch – von Seiten der Urheber UND Musiknutzer – angemessen ist. Das gebetsmühlenartige Wiederholen der GEMA-Forderung von „maximal 10% der Brutto-Einnahmen“ einer Veranstaltung (GVL wird in der Argumentation gerne außer Acht gelassen) macht´s nicht besser für Spielstätten. Als LiveKomm wissen wir, was bei Veranstaltungen und in Clubs als Gewinnmargen übrig bleibt. Wir halten daher maximal 5% abzüglich ggf. Rabatten für gerechtfertigt. Das wäre in einem zusätzlichen Koppeltarif an den U-K (Konzerttarif) als wählbare Alternative zum Pauschalvertrag zu prüfen.
Die urheberrechtliche Vergütung soll grundsätzlich 10% der Brutto-Türeinnahmen nicht übersteigen (vgl. diverse Entscheidungsvorschläge der Schiedsstelle im DPMA seit 1986), dies wird dort gerne auch als „langjährige Spruchpraxis“ bezeichnet. Dazu merkt die LiveKomm an:
1.Die Bemessungsgrundlage muss auf „netto“ geändert werden. Niemandem ist zu vermitteln, warum man auf Steuern GEMA zahlen soll.
2. Die GVL schlägt noch mal mit 30% zu Buche, es sind also 13% der Brutto-Türeinnahmen zu zahlen. Die Spruchpraxis ließe zu, dass man maximal 10% an Verwertungsgesellschaften zahlte, nicht allein an die GEMA.
3. Beim Konzerttarif U-K sind 5% bzw. 7,2% als angemessen betrachtet worden.
4. Diverse nicht repräsentative Erhebungen von LiveKomm oder anderen Organisationen zeigen, dass die Gewinnmargen bei Spielstätten oftmals im einstelligen Prozentbereich liegen, wenn überhaupt. 10% der Brutto-Einnahmen + GVL erscheint vor diesem Hintergrund deutlich zu viel. Und: auf welcher Grundlage, auf welcher Berechnung, welchen Umfragen oder Erhebungen beruht eigentlich diese Prozentzahl, wie wurde diese Forderung errechnet? Sie müsste der Realtität und nach entsprechenden Gutachten oder Erhebungen nachvollziehbar angepasst werden.
Eine weitere Forderung der LiveKomm gegenüber der GEMA seit Januar 2014 ist ein zusätzlicher Kulturrabatt. Clubs oder Spielstätten sehen sich oftmals eher als Kultur- denn als Wirtschaftsbetriebe, nicht rein kommerziell, und bieten spezielles, nachwuchsförderndes, aber damit auch risikobehaftetes Clubkulturprogramm. Viele Künstler wären heute nicht erfolgreich, hätten kulturelle Spielstätten ihnen nicht Auftrittsmöglichkeiten auch vor kleinem Publikum ermöglicht. Diese Nachwuchsarbeit sowie kulturelle Daseinsvorsorge muss durch einen hohen Kulturrabatt ermöglicht werden, deren Eckdaten die LiveKomm mit der GEMA aushandeln will. Derzeit siehst sich die GEMA nicht in der Lage, dieser Forderung zu entsprechen (Stand Februar 2014).
An die Politik wird sich die LiveKomm auch in Zukunft, ggf. gemeinsam mit anderen Verbänden, wenden, um z.B. im Urheber(wahrnehmungs)recht z.B. diesen Parameter zu ändern: Es muss z.B. der alte Tarif so lange gelten, bis der neue Tarif höchst instanzlich ausgefochten ist. Ansonsten passiert das, was seit Jahren passiert: die GEMA ist gesetzlich gestützt immer in der besseren Verhandlungsposition, da der Tarif ab dem Moment gesetzlich gilt, wo ihn die GEMA ausruft. Verhandlungspartner sind auf das Entgegenkommen der GEMA angewiesen, um Zwischenlösungen im Streitfall wie in 2013 zu verhandeln. Angesichts des Streitwerts muss sich mancher Verband juristische Schritte sehr genau überlegen, ob man sie sich leisten kann – die GEMA zahlt ihre Streitkosten einfach aus ihren Einnahmen. Auch hier gibt´s ein Ungleichgewicht bei Tarifverhandlungen. Auch die Rolle des DPMA als Aufsichtsbehörde müsste man überprüfen nach dem Super-Gau 2012.
Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern hat z.B. in einem Antrag vom 05.06.2013 (Drucksache 6/1953) beschlossen, dass die dortige Landesregierung eine Reform des Systems der kollektiven Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften, wie der GEMA, (…) unterstützen soll.
Zu den angesprochenen Punkten steht in der Koalitionsvereinbarung 2013 von CDU und SPD im Bund: „Ziel muss ein gerechter Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern sein.“ Das ist nach Ansicht der LiveKomm jedoch erst möglich, wenn die Angemessenheit und ihre Höhe endlich politisch diskutiert werden, sowie Rahmenbedingungen auf den kritischen Prüfstand kommen.
Weiter steht dort: „(…) Überarbeitung des Urhebervertragsrechts. Dabei müssen wir feststellen, ob Verhandlungs- bzw. Konfliktlösungsmechanismen effizient genug ausgestaltet sind und ob das Verfahren insgesamt beschleunigt werden muss sowie die Verbindlichkeit des Schlichtungsverfahrens zu verbessern ist.“
Und es heißt in der Vereinbarung: „Wir wollen (…) die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften effektiver ausgestalten.“.
Die LiveKomm appelliert an die Politik: ja genau, packen wir´s an!
Olaf Möller
Politischer Sprecher im Vorstand der LiveKomm
olaf.moeller@livekomm.org