Musikwirtschaftsgipfel – Spitzenverbände der Musikbranche diskutieren ihre Positionen mit der Bundespolitik

Pressemitteilung der Initiative Musik:

  • Prof. Jens Michow: „Es ist aus meiner Sicht höchste Zeit, dass die Musikwirtschaft sich gemeinsam artikuliert.“
  • Prof. Dieter Gorny; „Die Musik braucht sowohl in kultureller als auch ökonomischer Hinsicht eine zukunftsweisende und integrierte Entwicklung und Förderung.“
  • Kernforderungen der Musikbranchenverbände und -institutionen werden direkt mit der Bundespolitik (Regierung und Opposition) und Wissenschaft diskutiertBerlin, 14. Juni 2018

Beim Musikwirtschaftsgipfel diskutieren seit heute Vormittag die 16 wichtigsten Verbände und Institutionen der Musikbranche öffentlich mit hochkarätigen Vertretern der Bundesregierung und Opposition. Dabei geht es in vier Sessions um die drängenden Belange der beteiligten Akteure aus allen Teilen der Musikbranche. Die deutsche Musikwirtschaft spricht in dieser Form erstmals gemeinschaftlich mit der Bundespolitik. Ein Ziel der Konferenz ist es, die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Musikwirtschaft in den Vordergrund zu rücken. Dabei wollen die Branchenvertreter lösungsorientiert mit der Politik darüber sprechen, wie bessere Rahmenbedingungen für die Musikschaffenden in Deutschland hergestellt werden können.

Eröffnet wurde Agenda Spezial durch Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters. [Das Redemanuskript ist auf den Seitene der Initiative Musik auffindbar]

Prof. Jens Michow

Initiiert wurde die gemeinschaftliche Konferenz durch Prof. Jens Michow, Präsident des Bundesverbands der Veranstaltungswirtschaft (bdv): „Es ist aus meiner Sicht höchste Zeit, dass die Musikwirtschaft sich gemeinsam artikuliert, ihren kulturwirtschaftlichen Stellenwert veranschaulicht und auch zukünftig – wann immer es Sinn macht – mit einer Stimme spricht. Insoweit hat die Agenda-Konferenz auch eine gewisse historische Bedeutung und hoffentlich eine starke Signalwirkung für unseren Wirtschaftszweig.“

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Initiative Musik Prof. Dieter Gorny unterstreicht die Bedeutung der Veranstaltung für die Musikwirtschaft: „In einer digitalen Gesellschaft und digitalisierten Kulturwirtschaft hängt die Entwicklung der Musik sowohl kulturell als auch ökonomisch entscheidend von einer intensiveren Förderung und besseren Abstimmung der Einzelbereiche ab. Sie eröffnet eine Vielzahl an Möglichkeiten für die Zukunft hier in Deutschland und in Europa.“

Prof. Dieter Gorny

In der Eröffnungssession wird z.B. über den „Value-Gap“ im Hinblick auf den Digitalmarkt, das EU-Urheberrecht und die Künstler gesprochen, denn Online-Plattformen müssten verpflichtet werden, die Urheber wie auch die Kultur- und Kreativwirtschaft angemessen an den Erlösen zu beteiligen. Darüber hinaus geht es um Wertschöpfungslücken im Veranstaltungsmarkt und „das wachsende Geschwür des Ticketzweitmarkts“. Eine gesetzliche Regulierung des Weiterverkaufs von Eintrittskarten ist dabei eine der zentralen Forderungen.

Im Rahmen der 2. Vormittagssession zu „Abgaben und Steuern“ wird z.B. eine Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes angeregt. Die Erfüllung der Abgabepflicht sei insbesondere – aber nicht nur – für die Musikwirtschaft mit einem unzumutbaren Bürokratieaufwand verbunden. Um das System zukunftsfähig zu machen, sei es dringend erforderlich, den Abgabepflichtigen die Ermittlung ihrer Abgabeschuld zu erleichtern. Weiter wird eine Reform des § 8 Nr.1e Gewerbesteuergesetz debattiert. Beim Thema Doppelbesteuerung wird deutlich gemacht, dass die gesetzlich vorgesehene Freistellung der inländischen Lizenzeinnahmen ausländischer Urheber von der Besteuerung in der letzten Zeit erheblich erschwert worden seien.

Am Nachmittag wird u.a. über die Weiterentwicklung der Musikförderung in Deutschland debattiert. Das Programm wird dabei durch einen Impulsvertrag von Prof. Dieter Gorny fortgesetzt. Die Debatte zur Musikförderung, mit Themen wie z.B. Musikalische Bildung, Musikwirtschaftsförderung für kleine und mittlere Musikunternehmen, regionale Vielfalt und Musikexport, dreht sich auch um die Nachwuchsförderung junger Musikerinnen und Musiker. So sollten Kleinstkonzerte, die die kulturelle Vielfalt von Rock, Pop und Jazz als identitätsstiftende Erlebnisse schaffen, unbürokratisch bezuschusst werden.

In der abschließenden Session wird über den Kulturraumschutz, die Infrastruktur und energetische Sanierung von Veranstaltungshallen sowie aktuelle Herausforderungen für den Handel mit Musikinstrumenten und für Technologie-Startups diskutiert. Hier geht es um eine Stärkung der Technologie- und Digitalkompetenzen der Musikwirtschaft.

Die Tagesspiegel-Konferenz Agenda Musikwirtschaft zeigt hochkomprimiert und hochkarätig besetzt, welchen Themen sich die Bundesregierung aus Sicht der Musikwirtschaft stellen muss, um Musikschaffende und Kreativität zu schützen. Erstmals bündelten dafür die wichtigsten 16 Verbände und Institutionen der Musikbranche ihre Positionen gegenüber der Politik, um diese öffentlich zur Diskussion zu stellen. Agenda Musikwirtschaft wird mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch das deutsche Popmusikförderbüro Initiative Musik unterstützt. Der Musikwirtschaftsgipfel findet auf Anregung des Bundesverbands der Veranstaltungswirtschaft mit Unterstützung der beteiligten Verbände und Institutionen der Musikbranche statt.

Förderer und Partner Agenda Musikwirtschaft
Agenda Spezial
Positionen der Musikwirtschaft (Auszug)

1. REGULIERUNG VON ONLINE-PLATTFORMEN

„Value Gap“ im Digitalmarkt
„Jede Form der Online-Nutzung musikalischer Inhalte muss an Lizenzen geknüpft sein, die am Markt verhandelt werden. Das muss auch für User Upload-Plattformen wie YouTube gelten.“, Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer, Bundesverband Musikindustrie e.V.

„Value Gap“ im EU-Urheberrecht
„Der Zugang zu musikalischen Werken erfolgt immer mehr über Online-Plattformen. Sie dürfen demokratisch beschlossene Regeln wie das Urheberrecht, die Medienregulierung, den Daten- und Jugendschutz oder die Steuergesetzgebung nicht einfach aushebeln. Aufgrund der besonderen Stellung müssen Online-Plattformen ihrer Verantwortung gerecht werden.“, Dr. Harald Heker, Vorstandsvorsitzender, GEMA – Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte

„Value Gap“ aus Sicht der Künstler
„Wir Komponist*innen und Künstler*innen stellen Produkte her; der wirtschaftliche Ertrag landet zu großen Teilen in der IT-Branche. Das ist nicht gerecht! Wir fordern vom Europäischen Gesetzgeber eine Pflicht zur Lizenzierung für jede Nutzung unserer Werke!“, Micki Meuser, Musiker und Mitglied des Vorstands, Deutscher Komponistenverband

Wertschöpfungslücken im Veranstaltungsmarkt
„Künstler und Veranstalter fordern eine gesetzliche Regulierung des Weiterverkaufs von Eintrittskarten und eine strafrechtliche Sanktion der Missachtung von Weiterverkaufsverboten“, Dr. Johannes Ulbricht, Justiziar, bdv Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V.

2. STEUERN UND ABGABEN

Doppelbesteuerung
„Die Definition des Verwerters muss im Sinne der Kultur- und Kreativwirtschaft angepasst werden. Es kann nicht sein, dass jedes Unternehmen, das mit Rechten arbeitet, als „Verwerter“ definiert wird und als solcher nicht freigestellt werden kann“, Birgit Böcher, Stellvertretende Geschäftsführerin, DMV – Deutscher Musikverleger-Verband e.V.

Künstlersozialversicherung
„Unternehmen beklagen unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand bei der Ermittlung der Künstlersozialabgabe. Die Anwendung des KSVG muss vereinfacht werden“, Prof. Jens Michow, Geschäftsführender Präsident, bdv Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V.

Gewerbesteuer
„Der Gesetzgeber muss § 8 Nr. 1e GewStG für die Kulturwirtschaft reformieren“, Prof. Dr. Johannes Kreile, Geschäftsführender Justiziar, Verband der Deutschen Konzertdirektionen e.V.

3. MUSIKFÖRDERUNG

Musikalische Bildung
„Vier Stunden Unterricht pro Woche einschließlich aktivem Musizieren und Einbezug der Digitalisierung in der Musik wird in allen vorschulischen und schulischen Einrichtungen bundesweit Standard“, Prof. Udo Dahmen, Künstlerischer Direktor und Geschäftsführer, Popakademie Baden-Württemberg GmbH & Vizepräsident, Deutscher Musikrat e.V.

Grassroot-Förderung
„100 Euro Künstlerzuschuss und 100 Euro Clubzuschuss für jedes Kleinstkonzert in Deutschland“, Karsten Schölermann, Gründungsmitglied und Mitglied des geschäftsführenden Vorstands, LiveMusikKommission e.V.

Musikwirtschaftsförderung für KMU
„Nachhaltige Förderung von Mobilität und Internationalisierung von Musikunternehmen zur Erschließung neuer Märkte und zum Ausbau internationaler Wettbewerbsfähigkeit“, Desirée Vach, Vorstandsvorsitzende, VUT – Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V.

Förderung aus Sicht der Kreativen
„Die bestehenden Programme und Einrichtungen wie APPLAUS, Musikfonds und auch Initiative Musik müssen gestärkt werden. Die finanzielle Ausstattung des APPLAUS ist gemessen an der großen Club-Landschaft unzureichend“, Julia Hülsmann, Gastprofessorin, Universität der Künste & Jazzpianistin

Regionale Vielfalt
„Beteiligung des Bundes am Aufbau und dem nachhaltigen Ausbau der Fördereinrichtungen in den Ländern“, Markus Graf, Vorstand, Bundesverband Popularmusik e.V. & Geschäftsführender Vorsitzender des Vorstands, LandesArbeitsGemeinschaft Rock & Pop in Rheinland-Pfalz e.V.

Musik-Export
„Stärkere Verzahnung der Exportförderungen zur Professionalisierung der Musiker und Musikerinnen sowie der Unternehmen der Musikwirtschaft in Bund und Ländern“, Ina Keßler, Geschäftsführerin, Initiative Musik gGmbH

4. UMWELT UND INFRASTRUKTUR

Kulturraumschutz
„Wir fordern das Agent of Change-Prinzip im Städtebau: Heranrückende Neubebauung muss für erforderlichen Lärmschutz selbst sorgen“, Thore Debor, Sprecher des Arbeitskreises Kulturraumschutz, LiveMusikKommission e.V.

Infrastruktur in Hallen
„Energetische Sanierung führt zu wirtschaftlichen Einsparungen, aber auch zur Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge und Kulturförderung. Wir fordern, dass Veranstaltungshäuser explizit in die Förderprogramme (Kommunalrichtlinie) der Nationalen Klimaschutzinitiative integriert werden.“ Ilona Jarabek, Vizepräsidentin, EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V.

Musikinstrumentebau
„Mit Blick auf die massiven Wettbewerbsnachteile für die deutsche Musikinstrumentenbranche, ist es dringend geboten, schnellstmöglich eine Legalausnahme in die Bundesartenschutzverordnung aufzunehmen“, Daniel Sebastian Knöll, Geschäftsführer, SOMM – Society Of Music Merchants e.V.

Technologie-Startups
„Auf- und Ausbau von Programmen zur Förderung von Technologie- und Digitalkompetenzen innerhalb der Musikwirtschaft und Beauftragung einer Studie über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung von Musiktechnologie-Innovationen“, Matthias Strobel, Vorstand, Bundesverband Musiktechnologie Deutschland e.V.