Die Bundesstiftung LiveKultur will mit dem innovativen Live Music Fund Germany einen Ausgleich schaffen
Die jüngst von der GEMA veröffentlichten Zahlen zur Konzertlandschaft 2024 liefern auf den ersten Blick ein positives Bild: Über 70 Millionen Besucher*innen bei 250.000 Konzerten bedeuten ein neues Allzeithoch – mehr Menschen als je zuvor haben in Deutschland ein Konzert besucht. Immerhin 63 % der Besucher*innen und somit der größte Teil, nämlich über 44 Millionen besuchten dabei Konzerte in Clubs mit einer Kapazität von bis zu 2.000 Besucher*innen.
Bei genauerem Hinsehen wird jedoch klar: Das Fundament der Livemusik bleibt geschwächt, während Großevents boomen.
„Die Zahlen sind ein Weckruf mit zwei Botschaften: Ja, Livemusik lebt – aber sie wird an der Spitze fetter und an der Basis dünner,“ sagt Felix Grädler, Vorstand der Bundesstiftung LiveKultur sowie der LiveKomm. „Wir brauchen jetzt gemeinschaftliche Modelle wie den Live Music Fund Germany, um das Gleichgewicht im Ökosystem Livemusik wiederherzustellen.“
Clubkonzerte stagnieren – Großevents explodieren
Laut GEMA fanden über 91 % aller Konzerte im Jahr 2024 in Spielstätten mit maximal 500 Besucher*innen statt – das sind rund 228.842 Konzerte. Trotz eines leichten Zuwachses gegenüber 2023 liegt dieses Segment noch immer 5,9 % unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Gleichzeitig haben Mega-Konzerte mit über 50.000 Besucher*innen um 56 % zugelegt – das stärkste Wachstum aller Größenklassen.
Besonders alarmierend: Im Cluster „bis 500 Besucher*innen“ liegt die durchschnittliche Besuchendenzahl pro Konzert bei nur rund 122 Personen – deutlich unter einer wirtschaftlich tragfähigen Auslastung. Man könnte also auch sagen, dass die Live-Landschaft aus Grassroot-Konzerten besteht, bei denen niemand ausreichend verdient. Das unterstreicht, wie dringend dieser Bereich strukturell gestützt werden muss. Denn ohne kleine Konzerte, mit denen Newcomer zu kommenden Stars heranwachsen, werden auch Großevents künftig weniger werden – der „Circle of Live” wird zerstört.
„Diese Schieflage kann auf Dauer nicht gutgehen. Die Stars von morgen stehen in den Clubs von heute – aber genau dort fehlen die Mittel, um Risiken einzugehen und Newcomer*innen zu fördern,“ so Karsten Schölermann, der Vorsitzende der Bundesstiftung Livekultur.
Neuer Finanzierungsansatz: Der Live Music Fund als Antwort aus der Branche
Die Bundesstiftung LiveKultur arbeitet gemeinsam mit der LiveKomm, dem Bundesverband der Musikspielstätten, und anderen Branchenverbänden und Veranstalter*innen aus der Livemusikbranche an einem freiwilligen Gemeinschaftsfonds – dem Live Music Fund Germany. Er soll u. a. durch kleine Ticketabgaben bei Großkonzerten finanziert werden und gezielt Clubkonzerte, kleine Festivals und Nachwuchstourneen fördern. Dabei wollen v.a. die Ticketing-Anbieter einen Beitrag leisten – das Publikum kann sich optional daran beteiligen.
„Wenn 228.000 kleine Konzerte das Rückgrat unserer Musikkultur bilden, brauchen wir eine wirtschaftliche Absicherung dieser Vielfalt. Die großen Player profitieren längst wieder – jetzt ist der Moment, in die Zukunft zu investieren“, erklärt Grädler.
Die Bundesstiftung ruft Politik, Ticketing-Plattformen und große Veranstalter*innen auf, sich am Aufbau des Fonds zu beteiligen. Erfreulich wäre es zudem, wenn sich auch Profiteure des „Live-Boom“, wie die GEMA, die auch dank steigender Erträge im Bereich „Live“ profitiert, am Fonds aktiv beteiligen und somit in den eigenen Nachwuchs investieren würden.
Denn die aktuellen Zahlen zeigen: Wer nur auf die Spitze der Pyramide setzt, riskiert das Fundament der Livemusik in Deutschland.
Hier finden sich die Ergebnisse der GEMA im Detail:
https://www.gema.de/de/aktuelles/song-economy/konzerte-in-deutschland-2024
Weitere Details zum Live Music Fund: